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Diversität und Gen Z: Warum pauschale Betrachtungen nicht ausreichen? (Teil 2)

03. Dezember 2024

Praxisorientierter Leitfaden: Konkrete Tipps für einen differenzierten Umgang mit der Gen Z

Die Generation Z, also diejenigen, die nach 1995 geboren wurden, bringt frischen Wind, aber auch neue Herausforderungen in die Ausbildungswelt. Gleichzeitig steht sie vor enormen Herausforderungen. Viele Arbeitgebende haben längst erkannt, dass sie auch die »Jungen« für sich gewinnen und begeistern müssen. Es fehlt also meist gar nicht am guten Willen, sondern schlichtweg am besseren Verständnis für die individuellen Sichtweisen und Bedürfnisse der jungen Generation. Und an sinnvollen Werkzeugen und Impulsen, um für wirksameren Zusammenhalt aller Generationen im Unternehmen zu sorgen.

Nachdem Sie im ersten Teil bereits die Vielfalt in der Generation Z wie auch in allen anderen Generationsbeschreibungen nachvollziehen konnten, möchten wir in diesem zweiten Teil praktische Ansätze aufzeigen, wie Unternehmen die Vielfalt der Generation Z erkennen und aktiv fördern können.

 

Die Herausforderungen verstehen: Druck und Unsicherheit als ständige Begleiter

Welche Themen bewegen Jugendliche und junge Erwachsene? Was sind ihre Ambitionen für ihre berufliche und soziale Zukunft? Womit und mit wem verbringen sie ihre Freizeit?

Junge Menschen stehen heute vor einer Fülle an politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Problemen, die in den vergangenen Jahren durch Krisen wie die Corona-Pandemie verschärft wurden. Globale Dynamiken wie Fluchtmigration, kriegerische Bedrohungslagen oder Klimagerechtigkeit tragen genauso zu einer Verunsicherung bei wie der gesellschaftliche Wandel hin zu einer alternden Gesellschaft, einer zunehmenden Demokratiefeindlichkeit oder einer Veränderung der Arbeitswelt. Studien wie die Trendstudie Jugend in Deutschland (2022) zeigen, dass der psychische Druck in dieser Generation stark zugenommen hat. Viele Auszubildende leiden unter mangelndem Selbstvertrauen, Versagensängsten und psychischen Gesundheitsproblemen. 

Es gilt, nicht «viele Auszubildende« mit «alle Auszubildende« auszutauschen. Denn so vielfältig wie die Gen Z sich darstellt, so vielfältig ist auch ihr Umgang mit den sich stellenden Herausforderungen. Einige von ihnen kommen damit besser klar als andere.

Was bedeutet das für Unternehmen? Es ist wichtiger denn je, die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der Auszubildenden zu fördern. Dies beginnt mit dem Verständnis, dass Druck nicht immer sichtbar ist. Gerade in einem Umfeld, in dem die digitale Welt den Alltag dominiert, können viele junge Menschen die Balance zwischen Lernanforderungen, Erwachsenwerden und dem Aushalten von Unsicherheiten nur schwerhalten. 

 

Fokus auf individuelle Lebenssituationen: Der Schlüssel zur erfolgreichen Förderung

Die Generation Z ist divers – nicht nur in Bezug auf ethnische Hintergründe oder Geschlechterrollen, sondern auch in ihrer Herangehensweise an das Leben und die Arbeit. Jede:r Auszubildende bringt die eigene Lebensgeschichte mit. Daher ist es für Personaler:innen und Ausbilder:innen essenziell, auf individuelle Bedarfslagen einzugehen. Ein Ansatz, der für alle passt, wird den Anforderungen der heutigen Zeit nicht gerecht.

Fallbeispiel: Ein Unternehmen im Dienstleistungssektor bietet regelmäßig „Check-in“-Gespräche an, in denen die Auszubildenden über ihre aktuelle Lebenssituation sprechen können. Dabei wird nicht nur über die Ausbildung selbst, sondern auch über persönliche Themen gesprochen. Diese Gespräche sind ein wertvolles Instrument, um etwaige Probleme frühzeitig zu erkennen und gezielte Unterstützung anzubieten.

 

Die drei Säulen auf dem Weg zum Erfolgsfaktor «Azubi«

Um Ausbilder:innen und Personaler:innen bei der erfolgreichen Integration der Gen Z zu unterstützen, haben wir konkrete Tipps zusammengestellt. Diese Tipps bieten eine klare Anleitung, wie Unternehmen die Vielfalt der jungen Generation aktiv fördern und ihr Potenzial entfalten können.

 

Selbstfindung und Identitätsbildung fördern

Junge Menschen befinden sich oft noch in der Phase der Selbstfindung. Ihre Identität und ihre beruflichen Ziele sind noch nicht vollständig gefestigt. Die Förderung der Selbstfindung und Identitätsbildung ist entscheidend, um Auszubildenden zu helfen, ihre Rolle im Unternehmen zu finden und sich ihrer Stärken bewusst zu werden. Gruppengespräche oder Workshops zu Themen wie „Meine Stärken und Schwächen“ helfen den Auszubildenden, ihre eigenen Fähigkeiten besser zu verstehen und sich ihrer Identität bewusster zu werden. Ausbilder:innen können diesen Prozess aktiv unterstützen, indem sie Raum für Reflexion und Selbstentfaltung bieten. 

Tipp 1: Reflexionsworkshops einführen

  • Organisieren Sie monatliche oder vierteljährliche Reflexionsworkshops, in denen Auszubildende über ihre persönlichen Ziele und ihren beruflichen Weg nachdenken können.
  • Themen wie „Wer bin ich?“, „Was will ich erreichen?“ oder „Was sind meine Stärken und Schwächen?“ helfen dabei, die Identitätsbildung zu fördern.

Tipp 2: Individuelle Entwicklungspläne erstellen

  • Erstellen Sie für jeden Auszubildenden einen individuellen Entwicklungsplan, der seine persönlichen und beruflichen Ziele sowie seine Herausforderungen berücksichtigt. Dieser Plan sollte regelmäßig aktualisiert und gemeinsam mit dem Auszubildenden besprochen werden.
  • Setzen Sie auf regelmäßige 1:1-Beratungs- und Feedbackgespräche, um die Fortschritte der Auszubildenden zu verfolgen und auf eventuelle Probleme frühzeitig einzugehen. Diese Gespräche sollten nicht nur auf die berufliche, sondern auch auf die persönliche Entwicklung abzielen.

 

Gesundheit stärken: Resilienz und Stressbewältigung

Die psychische und physische Gesundheit ist bei einem Teil der Generation Z ein großes Thema. Der Druck, der durch wirtschaftliche Unsicherheiten und die gesellschaftlichen Erwartungen entsteht, lässt viele junge Menschen an ihre Belastungsgrenzen stoßen. Resilienztrainings und gezielte Stressbewältigungsstrategien helfen den Auszubildenden, langfristig gesund und leistungsfähig zu bleiben.

Tipp 3: Resilienztrainings und Achtsamkeit

  • Etablieren Sie regelmäßige Resilienztrainings, die speziell auf die Bedürfnisse junger Menschen zugeschnitten sind. Diese Trainings können in Form von kurzen, wöchentlichen Workshops durchgeführt werden, in denen Techniken zur Stressbewältigung, zum Umgang mit Frustration und Achtsamkeit vermittelt werden.
  • Die Einbindung von Achtsamkeitstechniken, wie etwa kurze Meditationsübungen am Arbeitsplatz, kann helfen, den mentalen Druck zu reduzieren.

Tipp 4: Flexible Arbeitszeiten und Pausen

  • Bieten Sie, sofern möglich flexible Arbeitszeiten an, die auf den individuellen Bedürfnissen der Auszubildenden basieren. Viele junge Menschen haben neben der Ausbildung Verpflichtungen, die zusätzlichen Stress verursachen können (z. B. familiäre Unterstützung).
  • Schaffen Sie die Möglichkeit, ausreichend Pausen zu nehmen, in denen die Auszubildenden sich regenerieren können. Pausenräume mit Entspannungsmöglichkeiten oder Ruhezonen können einen wichtigen Beitrag leisten.

Tipp 5: Hybrid-Lernen fördern

  • Bieten Sie hybride Lernmodelle an, die sowohl digitale als auch Präsenzformate kombinieren. Dies gibt den Auszubildenden die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Lernmethoden zu wählen, je nachdem, was besser zu ihrer persönlichen Situation passt.

 

Persönliche Entwicklung: Blick über den Tellerrand

Neben der fachlichen Ausbildung stehen vor allem persönliche Entwicklungsmöglichkeiten im Vordergrund, die die jungen Menschen auf eine vielseitige berufliche Zukunft vorbereiten. Dabei spielen Lernangebote, die über die fachliche Ausbildung hinausgehen, eine zentrale Rolle. Interdisziplinäre Projekte, die über den beruflichen Alltag hinausführen, wecken das Interesse der jungen Generation.

Tipp 6: Interdisziplinäre Projekte fördern

  • Schaffen Sie Raum für interdisziplinäre Projekte, die den Auszubildenden die Möglichkeit geben, über ihre gewohnten Aufgaben hinauszuschauen. Gleichzeitig können sie in solchen Projekten klare Rollen und Verantwortlichkeiten übernehmen. Diese Projekte fördern die Eigenverantwortung und das Selbstbewusstsein. Sie bieten zudem die Möglichkeit, einen eigenen Beitrag zur Mitgestaltung des Unternehmens für die Zukunft zu leisten und fördern die Identifikation der Auszubildenden mit dem Unternehmen.

Tipp 7: Mentorensysteme etablieren

  • Implementieren Sie ein Mentorensystem, in dem erfahrene Mitarbeitende als Coaches oder Mentoren für die Auszubildenden fungieren. Diese Mentoren können nicht nur fachliches Wissen vermitteln, sondern auch bei der persönlichen Weiterentwicklung unterstützen.
  • Ein regelmäßiger Austausch mit einem festen Ansprechpartner stärkt die Bindung an das Unternehmen und bietet Raum für individuelle Förderung.

Tipp 8: Teambuilding-Maßnahmen einführen

  • Organisieren Sie regelmäßige Teambuilding-Aktivitäten, um das Gemeinschaftsgefühl zu stärken und die Zusammenarbeit zu verbessern. Das können Outdoor-Aktivitäten oder Kreativworkshops sein. Diese Maßnahmen fördern nicht nur die berufliche Entwicklung, sondern schaffen auch eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Ausbilder:innen und Auszubildenden.

 

Fazit: Offen für Vielfalt und individuelle Wege

Die Generation Z bringt eine enorme Vielfalt mit sich, die sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance darstellt. Es ist an den Unternehmen, diese Vielfalt anzuerkennen und durch eine gezielte Anpassung der Ausbildungsstrukturen an die individuellen Bedürfnisse die individuellen Stärken und Entwicklungspotentiale der Auszubildenden zu fördern. Ein flexibles Ausbildungsmodell, das auf die Bedürfnisse der jungen Menschen eingeht, trägt langfristig zum Erfolg des Unternehmens bei. Erfolgreiche Unternehmen erkennen, dass die Förderung von Selbstfindung, Gesundheit und persönlicher Entwicklung essenziell ist, um die Talente der Generation Z langfristig an sich zu binden und ihr Potenzial voll auszuschöpfen.

Wenn Sie mehr über unser Konzept zur langfristigen Begleitung von Auszubildenden erfahren möchten, besuche Sie unsere Homepage oder nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.

 

Martin Lindner

 

Quelle

Schnetzer Simon, Hurrelmann Klaus (2022): Jugend in Deutschland – Trendstudie Winter 2022/23. Die Wohlstandsjahre sind vorbei: Psyche, Finanzen, Verzicht. Datajockey Verlag, Kempten.