Mitgestalten und Mitwirken – Handlungsfähigkeit von Mitarbeitenden in Unternehmen fördern
20. Mai 2025„Entscheidend für die Zukunft von Branchen und Unternehmen ist ihr Innovationspotenzial und ihre Fähigkeit, Wandlungsprozesse erfolgreich zu bewältigen – das ist im Oderbruch und im Rheintal nicht anders als im Silicon Valley. Mitgestalten, mitwirken und mitbestimmen sind die zentralen Prinzipien einer guten Unternehmenskultur – denn sie sind die Grundlage für Kreativität, Offenheit und Engagement“ (BMAS, 2015)
Ein Best-Practice-Projekt
Frankfurt-Nieder-Erlenbach hat einen neuen Spielplatz! Alle Beteiligten sind begeistert: über die gute Qualität und über den lebendigen Prozess. 5 Tage haben über 100 Laien unter Anleitung von pädagogisch und handwerklich sachkundigem Personal geplant, gebohrt, geschraubt und gesägt, finanziert von der Stadt Frankfurt.
Genau genommen stellt das fertige Produkt jedoch nur die Spitze eines Eisbergs dar: 20 % dessen, was geleistet wurde, ist an der Oberfläche sichtbar. Die versteckten 80 % sollen im Folgenden genauer betrachtet werden.
Was ist das Besondere an diesem Spielplatz in der Nähe von Frankfurt? Er wurde partizipativ erstellt. In die Spielraumplanung und die Gestaltung wurden alle Bewohner:innen des Stadtviertels einbezogen. Und das vom ersten Treffen an bis zum Eindrehen der letzten Schraube.
Was genau ist mit Partizipation gemeint?
Ein solch umfassender Partizipationsprozess ist komplex. Deshalb schauen wir nun etwas genauer hin.
Sowohl beim Spielplatzbau als auch in Organisationen finden wir die beiden folgenden kennzeichnenden Elemente von Beteiligung: Zum einen geht es um die personale Partizipation und zum anderen um die Delegation von Autorität und Verantwortung.
Personale Partizipation zeigt sich in den Möglichkeiten der Teilnehmenden, Themen anzusprechen, die eigene Meinung zu sagen, gehört zu werden und auch den anderen zuzuhören. Indem unter Berücksichtigung der Bedürfnisse anderer, für eigene Bedürfnisse eingetreten wird, kann Empathie geübt werden.
Sachliche/fachliche Informationen zu dem Projekt und die Transparenz über zur Verfügung stehende Ressourcen unterstützen die Suche nach der besten Lösung. Immer wieder müssen Entwürfe angepasst, ergänzt und verworfen werden. Eine ausgeprägte Kompromissbereitschaft sowie eine achtsame und solidarische Diskussionskultur sind notwendig bzw. werden trainiert. Dieser Prozess ermöglicht es den Teilnehmenden nicht nur aufgrund von Fakten und Bedarfen zu entscheiden, sondern fordert auch dazu auf, die entwickelten Entscheidungen mitzutragen und für die Umsetzung Verantwortung zu übernehmen. Damit wird das zweite Kriterium von Partizipation, die Delegation von Autorität und Verantwortung erlebbar.
Partizipation hat positive Effekte
Bei ernstgemeinter Beteiligung wird ein Kreislauf der Mitbestimmung in Gang gesetzt, der die Teilnehmenden im diskursiven Austausch schult, Persönlichkeitsentwicklung ermöglicht und Engagement fördert. Darüber hinaus schafft er Zugehörigkeit und Identifikation mit dem Projekt.

Ermächtigung bedeutet hier, die Menschen (bzw. auch sich selbst) zu sehen und ernst zu nehmen, Austausch zu fördern und am Ende auch die Entscheidungsgewalt wahrzunehmen.
Vorbedingungen für einen gelingenden Beteiligungsprozess sind:
- die Freiwilligkeit und der Wunsch der Beteiligten, mitzuwirken
- Vertrauen in einen fairen und seriösen Ablauf
- fachliche und soziale Kompetenzen der Führungskräfte (Konfliktfähigkeit, Moderationsfertigkeiten, Werteorientierung)
- Zutrauen in die Akteure und Fehlerfreundlichkeit
- Anerkennung und Wertschätzung
Wenn das gegeben ist, werden verschiedene positive Effekte aus folgenden Bereichen, beispielsweise durch ein ‚partizipatives Bauprojekt‘ unterstützt:
- Produktivität: die Freude am Tun, am Erfolg und am Produkt.
- einen beeindruckenden Lernzuwachs: technisch, handwerklich und sozial.
- Emotionalität: Stolz auf das Geschaffene, Hilfsbereitschaft beim Unterstützen anderer Teilnehmenden, Umgang mit Krisen und Hindernissen.
- Vernetzung mit Menschen unterschiedlicher Bereiche und vielfältiger Perspektiven
Spielplatzbau als Übung für Mitarbeiterbeteiligung
Das beschriebene Potenzial von Bauprojekten kann von Unternehmen genutzt werden, um den Mitarbeitenden Mitwirkungsprozesse erfahrbar zu machen.
Bei einem Bauprojekt werden Mitarbeitende in den verschiedenen Phasen des Projektes mit moderativen Methoden, mit Partizipation und dem zur Verfügung stehenden Entscheidungsspielraum vertraut gemacht und erfahren, wie eine gute Balance von Diskutieren, Entscheiden und Handeln gelingen kann.
Die Mitarbeitenden planen zunächst am „Runden Tisch“ zusammen mit den Nutzergruppen, informieren und interessieren sich, versetzen sich in die Spielplatznutzer:innen, erfahren deren Meinungen, investieren Zeit und Energie, ringen um eine gute Lösung und kommen am Ende zu Entscheidungen.
Im Verlauf des Projekts gilt es dann, sich mit den unterschiedlichen Teams und den notwendigen Stakeholdern abzustimmen. Hier werden gegebenenfalls sich spontan verändernde Rahmenbedingungen, Wünsche, Geschmacksfragen oder neue Bedarfe flexibel zu integrieren sein, was nicht immer konfliktfrei verlaufen wird.
Hier geübte Fähigkeiten zur Partizipation können im Unternehmen eingesetzt werden, um auch dort Entscheidungen auf eine breite und konstruktive Basis zu stellen. In solcher Weise ermächtigte Personen sind motiviert und werden nachhaltig für das Unternehmen denken und handeln. Damit kann die Mitbestimmung im Unternehmen eine neue Chance bekommen.